Ankaufs-Checkliste

Wer kein unbedingter Fahrzeugspezialist ist oder sich nicht mit der Materie eingehender auseinandergesetzt hat, der sollte lieber auf einen Ankaufstest bei einem Automobilclub zurückgreifen.Verkäufer, die dies ablehnen haben was zu verbergen - eigentlich nicht der Verkäufer sondern eher das Fahrzeug.

Wobei man natürlich auch sagen muss, dass so ein Ankaufstest etwas kostet und einer Terminabstimmung zwischen Käufer und Verkäuferin (hier wurde gegendert!) bedarf - also mitunter schwierig ein Date zu finden.

Und im Zeitalter von Tachomanipulationen und Co ist man schneller über den Tisch gezogen als man glaubt - die dabei entstehende Reibung sollte man nicht als Nestwärme empfinden.

Das folgende YouTube-Video (Det's Betrügertricks - Grip Folge 241) zeigt, wie mies man abgezockt werden kann, wenn Frau zu blauäugig ist und in diesem Fall dem Verkäufer einfach vertraut.


So weit, so gut. Nachdem ich meine Objekte der Begierde im Internet ausfindig gemacht hatte (wie sagte schon die Großmutter meiner Frau: "warum soll der Rudi sein Auto nicht im Internet verkaufen, wenn die Gabi dort ihren Mann gefunden hat") habe ich mich wagemutig auf die Socken gemacht und die einzelnen Fahrzeuge gecheckt - ich bin also ein sogenannter Checker.

Das erste Fahrzeug, ein silberner Audi TT8N3 hatte rund 197.000 km auf dem Tacho, aber schon deutliche Rostspuren und Anzeichen einer Nachlackierung. Auch der Innenraum, insbesondere die Ledersitze, sah etwas abgewohnt aus - und noch dazu roch er etwas nach "Motor", wenn die Lüftung an war. Also runter von der Wunschliste.

Das zweite Fahrzeug, ein schwarzer Audi TT8N3 mit rund 173.000 km, leuchtete beim Einschalten der Zündung wie ein Weihnachtsbaum - abgesehen vom äußeren Zustand, der auch ziemlich mies war. Ich finde es eine Frechheit, wenn man in der Anzeige nicht auf Defekte aufmerksam macht und anderen Leuten die Zeit stiehlt. Eigentlich müsste der Verkäufer Schadensersatz leisten oder dafür zumindest später ewig in der Hölle schmoren.

Aber alle guten Dinge sind drei. Das dritte Fahrzeug schien im guten Zustand zu sein - so weit ich es auf den ersten Blick beurteilen konnte. Es war mein lichtsilberner Audi TT8N3 - also Liebe auf den ersten Blick. Es gibt sie noch.

In der Anzeige stand was von 219.000 km. Bei der Besichtigung hatte das Fahrzeug aber schon 224.200 km auf dem Buckel - aber was soll's, 5.000 km mehr oder weniger dachte ich mir, und ich konnte dafür den Preis um 250,- EUR drücken.

Der äußere Eindruck wurde etwas gemindert durch die schwarze Folie auf der Unterholmverkleidung als Kratzschutz  (aber Männer achten ja eher auf die inneren Werte) - war ja anfänglich auch ein Frauenfahrzeug und Frauen zerkratzen bekanntlich mit ihren "high heels" oftmals den Einstieg. Diese Art von Schuhe ist ja auch besonders bequem zum Autofahren.

Das unten stehende Foto zeigt meinen Audi TT8N3 am Tag des Erwerbs - in einer Mietgarage, wo er neben anderen Sportwagen und Oldtimern stehen durfte. Zumindest war der Audi TT8N3 kein Laternenparker.


Bei der Heimfahrt mit dem Zug plagten mich einige Selbstzweifel, ob dies die richtige Entscheidung bzw. der richtige Kauf war, denn 3.550,- sind ja auch kein Pappenstiel. Und wenn ich gewusst hätte, dass ich mindestens nochmals so viel hineinstecke, wären mir die Tränen gekommen.

Schuld ist eigentlich meine Werkstätte, die feststellte, dass die Substanz gut ist und mich vor die Wahl stellte, „Werterhalt“ oder „temporärer Fahrspaß bis der TÜV uns scheidet“. Und ich habe mich für erstes entschieden und leider auch meinen Perfektionismus etwas aufkommen lassen.

Aber im Nachhinein gesehen bereue ich heute keinen Cent, denn nun steht er für mich (fast) perfekt da (Man(n) sagt dass ja auch über seine Frau) und ich habe bezüglich Schrauberei auch einiges gelernt und hatte bzw. habe noch meinen Spaß dabei.

Was ich heute aber besser machen würde, wäre das Fahrzeug bei Sonnenschein zu betrachten und nicht im Winter, wenn es kalt und etwas düster ist. Im Nachhinein habe ich die eine oder andere Macke übersehen und bei Rostansätzen wie an der Unterholmverkleidung (Seitenschweller) würde ich noch empfindlicher reagieren und versuchen den Preis zu drücken (später ist man immer klüger).

Ärgerlich war, dass im Vorfeld der Verkäufer per WhatsApp kommunizierte, dass der Zahnriemen bereits gewechselt wurde.


Bei der genauen Durchsicht der Rechnungen (leider erst nach dem Kauf) musste ich dann feststellen, dass nur der Klimakompressor und der Mehrrippenkeilriemen gewechselt wurden (Keilriemen ist ungleich Zahnriemen, der eine überträgt die Kräfte kraftschlüssig und der andere formschlüssig und ist jeweils auch für andere Aggregate zuständig).

Somit musste der Zahnriemen raus, da er schon 100.000 km runter hatte und das Datum des Wechsels unbekannt war (beim AJQ muss nach 180.000 km oder 5 Jahren gewechselt werden) - was zu nicht eingeplanten Mehrkosten führte.

Positiv am TT8N3 war der gut erhaltene Innenraum mit den rissfreien Alcantara-Sitzen. Die Lederwangen sind kaum rissig, wie viele andere Vollledersitze. Dies macht den TT8N3 etwas besonders, gegenüber den anderen "Gurken", die so auf den einschlägigen Verkaufsportalen angepriesen werden.

Falls ich nochmals in die Verlegenheit käme einen Gebrauchtwagen zu kaufen, würde ich mir den Serviceplan/alle Rechnungen genauer ansehen und wenn der/die nicht vollständig ist/sind die Finger vom Fahrzeug lassen, oder zumindest versuchen den Kaufpreis nochmals deutlich nach unten zu korrigieren, so dass voraussichtliche Arbeiten weitgehend finanziell abgedeckt sind - soweit, dass es der Verkäuferin (auch hier wurde vorbildlich gegendert) die Tränen rausdrückt.

Ich würde auch alle Vereinbarungen und Aussagen (wie oben beim Zahnriemen) in den Kaufvertrag aufnehmen (auch, wenn die Gewährleistung zwischen Privaten ausgeschlossen werden kann) - das wäre nämlich dann Irrtum und könnte zur Vertragsauflösung führen (zumindest in Österreich).

Ach ja, und der Begriff 8-fach bereift ist auch sehr dehnbar. Ich bekam 4 Stück Sommer- und 4 Stück Winterreifen, aber nur auf 4 Felgen und trotzdem 8-fach bereift, was eine weitere Investition von 100,- EUR für gebrauchte Felgen (8N0 601 025 A) nach sich zog - fragt aber lieber nicht nach dem Aussehen der Felgen. Überlackiert und rundherum Randsteinberührungen. Ist aber egal, sie dienen nur als Träger für die Winterreifen (Standreifen).


Was ich auch jedem empfehlen würde - es kostet ja nicht die Welt, sondern nur rund 50,- EUR - wäre ein K-Line fähiges OBD-Diagnosegerät zum Auslesen der Fehler (kann man ja vielleicht später auch einmal brauchen). Ich hab‘ hierzu das AutoDia SX45 Pro besorgt, welches auch mit älteren VAG-Fahrzeugen kommunizieren soll.

Wenn die Verkäuferin die Diagnose verweigert, dann auf jeden Fall die Finger weg. Und alleine die Rückmeldung, dass das Gerät keinen Fehler findet ist schon positiv für das persönliche Wohlbefinden (Placebo-Effekt).


Für den Ankaufs-Test, den ich selber durchgeführt habe, hatte ich mir eine eigene Checkliste erstellt. Darin habe ich verschiedene Informationen von Automobil-Clubs und Foren zusammengetragen. Vor dem Kauf habe ich die Liste durchgespielt bzw. "trainiert", indem ich meinen Seat Leon ST gecheckt habe - und der wies laut Liste schon nach vier Jahren leichte Mängel auf.


Das Abarbeiten der Checkliste nimmt etwas mehr als 1 Stunde in Anspruch - soviel Geduld sollte die Verkäuferin (und schon wieder gegendert) aufbringen.
"Denn prüfet wer sich länger bindet, ob er nicht was besseres findet" - ich liebe solche weisen Sprüche (bin ja auch Doktor der Philosophie).

Und wenn die Verkäuferin die Zeit nicht aufbringen möchte, sondern will, dass der TT8N schnell vom Hof kommt und auf einen Abschluss drängt, dann dürfte "etwas faul im Staate Dänemark" sein.



Messgerät/HilfsmittelKostenEmpfehlung (ohne Gewähr)
Onboard-Diagnose (K-Line fähig)~ 60€Ancel VD500
Bremsflüssigkeitstester~ 2€VX Diag
Batterietestgerät~ 23€Micro 2ooPro
Frostschutzprüfer (Refraktormeter)~ 8€ATC
Taschenlampe~ 18€Varta LED Outdoor
Messschieber digital~ 10€Wieprima
Endoskop~ 11€Noname
CO2-Tester~ 38€RELD

Die Kosten für die Messgeräte und Hilfsmittel sind kein rausgeschmissenes Geld, da man diese ja immer wieder für den Audi TT8N (aber auch andere Autos) benötigt.

Insbesondere der CO2-Test wäre interessant, nimmt nur wenig Zeit in Anspruch und die 38,- EUR sind im Vergleich zu den Kosten des Tausches der Zylinderkopfdichtung eine Okkassion.

Meines Erachtens gehören diese Prüfmittel, auch wenn sie in Summe 170,- EUR kosten, neben dem richtigen Werkzeug auch in die Garage - und rechnen wir uns mal aus, was unsere Frauen alles an Küchengeräte (was kostet eine KitchenAid für sich alleine?), Messer, Bratwender und ähnliches in ihrer Werkstatt haben.

Eine kleine YouTube-Videoreihenfolge zum Autokauf, mit dem Gebrauchtwagenexperten Det Müller (mobile.de, beginnend ab Folge 3), soll etwas Licht in das Dunkel des Gebrauchtwagenkaufs bringen:



Wichtiger Hinweis: Der Bericht ist keine rechtliche Beratung oder Reparaturanleitung und alle Arbeiten am Fahrzeug erfolgen auf eigene Gefahr. Die Gefahr von Schäden ist nicht ausgeschlossen.

 

 

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